Neuer Rottenburger Ehrenbürger

Jean Louis Barth ist jetzt Ehrenbürger der Stadt Rottenburg am Neckar.

Pünktlich zum 80. Geburtstag am 5. Dezember bekam der Franzose die freudige Nachricht per Videokonferenz mit Oberbürgermeister Stephan Neher und dem Wendelsheimer Ortsvorsteher Joachim Maul mitgeteilt. Zuvor hatte der Gemeinderat auf Empfehlung des Wendelsheimer Ortschaftsrates in nicht-öffentlicher Sitzung am 25. November beschlossen, dem Bürgermeister von Ablis, Partnergemeinde von Wendelsheim seit 1979, die Ehrenbürgerechte zu verleihen. Damit ist Jean Louis Barth neben Alt-OB Winfried Löffler und Walter Kardinal Kasper der dritte zur Zeit Lebende mit dieser ganz besonderen Rottenburger Würdigung.

Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg sieht vor, dass Personen, die sich besonders verdient gemacht haben, das Ehrenbürgerrecht verliehen werden kann. Dabei muss ein Ehrenbürger kein Bürger der Gemeinde sein. Die besonderen Verdienste können in der außergewöhnlichen Förderung des wirtschaftlichen oder kulturellen Lebens der Gemeinde liegen. Die besonderen Verdienste von Jean Louis Barth sehen der Gemeinderat und der Wendelsheimer Ortschaftsrat in seinem außergewöhnlichen Engagement um die jahrzehntelange deutsch-französische Partnerschaft. Die Beziehung zwischen den beiden Ländern sieht er als Friedensgarant im geeinten Europa. Seine Persönlichkeit, die er ausstrahlt und mit der er die „Jumelage“ aktiv fördert und begleitet, ist etwas ganz besonderes.

Ein großer Empfang anlässlich der besonderen Ehre ist unter den aktuellen Corona-Bedingungen leider nicht möglich. Dennoch war es eine große Freude für den Jubilar am Geburtstag von dieser Würdigung zu erfahren.


Zur Person:

Jean Louis Barth wurde am 5.12.1940 in Limoges geboren. Nach deutscher Besetzung zu Beginn des zweiten Weltkrieges verließ seine Familie Sufflenheim im Elsass. Von Beruf ist er Lehrer. Nach Abschluss der Ausbildung arbeitete er im Bereich der Erziehung von Jugendlichen in beschützenden Werkstätten, angesiedelt beim Justizministerium. Er ist verheiratet und hat drei Kinder und acht Enkelkinder.

1971 wurde er in den Gemeinderat von Ablis gewählt. Von 1977 bis 2020 war er deren Bürgermeister. Seit vielen Jahren ist er Generalrat in Versailles (Abgeordneter). 2004 wurde er zum Präsident der Gemeinschaft von acht Gemeinden um Ablis, (Contrée-Portes d´Ablis d´Yvelynes Abkürzung ) gewählt.

Seit ca. 2004 ist er stellvertretender Generalsekretär der französischen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen von Europa in Paris, welche für Partnerschaften zuständig ist. Beim Zustandekommen verschiedener Gemeindepartnerschaften innerhalb Europas war Herr Barth unterstützend tätig.

Während seiner Amtszeit als Bürgermeister hat Barth in Ablis alle für die Gemeinde wichtigen und auch wünschenswerten Einrichtungen geschaffen wie z.B. Erweiterung des Kindergartens und der Schule, Seniorenheim, Sportplätze, Turn- und Festhalle, Gemeindebibliothek, Ärztehaus sowie Wohngebiete und Gewerbegebiet erschlossen. Ein großes Anliegen ist ihm auch der Erhalt und Unterhalt des altehrwürdigen Kirchengebäudes. Seit seiner Amtszeit ist der Ort von ca. 1200 auf 2600 Einwohner gewachsen.

Jean Louis Barth hatte schon vor Beginn der Gemeindepartnerschaft mit Wendelsheim feste Ziele vor Augen, nämlich die Versöhnung zwischen Deutschen und Franzosen und ein vereintes Europa. Seit 1979 ist Herr BM Barth ein treuer, ja sogar wegweisender Begleiter der sehr lebendigen Partnerschaft zwischen Ablis und Wendelsheim.

Zur Partnerschaft:

Die Partnerschaft zwischen Wendelsheim und Ablis besteht seit 41 Jahren. Wie kam es dazu? Alfred Straub aus Wendelsheim war von 1947 bis 1948 Kriegsgefangener in einer Nachbargemeinde von Ablis. Durch eine Zufallsbegegnung mit Herrn Tom Vantheemsche, der damals Spielführer der Abliser Fußballmannschaft war, eröffnete sich für Alfred Straub die Möglichkeit, inkognito in der Abliser Mannschaft mitzuspielen. Nicht alle Fußballer akzeptierten dies, zumal dies absolut illegal und unzulässig war; Kriegsgefangene wurden grundsätzlich ausgegrenzt. Unter strengstem Stillschweigen allerdings konnte Straub zwei Saisons bis zu seiner Entlassung als Gefangener 1948 in Freundschaft mitspielen. 1968 fuhr er nach Ablis und traf dort seinen früheren Spielerkapitän Tom Vantheemsche, welcher zwischenzeitlich Vorstand des Sportvereins und Bürgermeister geworden war, sowie seine alten Fußballfreunde wieder. Es entstanden neue Freundschaften. Bei diesem Besuch wurden von Alfred Straub und Tom Vantheemsche gemeinsame Überlegungen über künftige Fußballbegegnungen angestellt, welche bereits ein Jahr später bei einem internationalen Fußballturnier in Wendelsheim, an welchem eine Abliser Mannschaft teilnahm, Wirklichkeit wurden. In den folgenden Jahren folgten weitere fußballerische Begegnungen in beiden Ortschaften.

1977 reiste Ortsvorsteher Heinz Haspel mit einer Delegation nach Ablis, um Tom Ventheemsche und den neuen Bürgermeister Jean Louis Barth kennenzulernen. Ab diesem Zeitpunkt waren die politischen Gemeinden in den Versöhnungsauftrag über die Grenzen hinweg einbezogen. Haspel und Barth empfanden große Sympathien füreinander. Durch sehr viel persönliches Engagement ebneten beide gleichermaßen den Weg zur Partnerschaft und zu einer intensiven persönlich Freundschaft.

Der Partnerschaftsvertrag wurde 1979 in Wendelsheim und 1980 in Ablis feierlich, jeweils mit großer Beteiligung der Bevölkerung, unterzeichnet. Beide Gemeindevorsteher haben als echte Verfechter des Europagedankens ihre Aufgabe darin gesehen, die Partnerschaft mit Leben zu erfüllen. Dies ist ihnen bei kontinuierlicher, unermüdlicher Arbeit gelungen.
Es fand und findet jedes Jahr eine Vereinsbegegnung im Wechsel Ablis – Wendelsheim statt. Einbezogen ist hierbei die Jugend, Kindergarten und Schule, Kirche und der gesamte Wendelsheimer Kulturausschuss. Zu erwähnen ist noch die Jumelage Radsportgruppe welche schon traditionell sich immer eine Woche vor der Jumelage trifft um gemeinsam mit mind. 30 Personen 750 Km in 5 Tagen ab zu radeln Wobei die schönste Tour von Wendelsheim nach Ablis ist.
Von Beginn an bis jetzt haben sich alle Oberbürgermeister und Ortsvorsteher mit großer Leidenschaft für die Partnerschaft eingesetzt. Darüber hinaus bestehen unter vielen Familien gute und herzliche Verbindungen mit regelmäßigen Besuchen.
09.12.2020 - Stadtverwaltung Rottenburg am Neckar


Zusätzliche Informationen und Dienste

Aufgeschlagene Ehrenbürgerurkunde